Sind Asylbewerber die Arbeitskräfte von morgen?

Die Kreis FrauenUnion Böblingen, die MIT (Mittelstandvereinigung) und die CDU-Herrenberg hatten im Juli zur Podiumsdiskussion mit den nachfolgend genannten Gästen eingeladen:

Steffen Bilger, MdB und Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Nordwürttemberg

Marion Oker, leitende Geschäftsführerin der IHK-Bezirkskammer Böblingen

Clemens Woerner, Geschäftsführer des Jobcenter Landkreis Böblingen

Margaretha Oppermann, Vorsitzende von Flüchtlinge und wir e.V., Herrenberg

Moderation: Elke Staubach (Susanne Wetterich musste krankheitsbedingt absagen).

Im Publikum saßen auch Sabine Kurtz MdL, der CDU-Kreisvorsitzende Dr. Dr. Matthias Kauffmann sowie das Ehepaar Maryam Rahmanpour und Sam Sepeheri aus dem Iran.

Swen Menzel, der CDU-Vorsitzende von Herrenberg, begrüßte die Anwesenden und eröffnete die Veranstaltung. Elke Staubach führte in die Diskussion ein und berichtete über den kürzlich erfolgten Besuch der FrauenUnion in der Böblinger Sammelunterkunft für Asylbewerber und stellte die Frage in den Raum:

„Sind die Asylanten Gäste oder bleiben sie dauerhaft hier?“

Laut Clemens Woerner waren am 10.06.2015 in den Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises 846 Erwachsene und Kinder untergebracht. 102 davon sind über 25 Jahre und haben eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit. Die meisten Menschen kommen derzeit vom Balkan. Im Kreis Böblingen geht man von ca. 2.500 Flüchtlingen aus, die in 2015 neu unterzubringen sind.

Clemens Woerner erklärte, dass das Jobcenter erst zuständig ist, wenn der Asylantrag des Asylsuchenden genehmigt ist. Dies kann dauern, da immer mehr Flüchtlinge in Deutschland einen Asylantrag stellen. Jugendliche allerdings unterliegen keiner Frist, hier gilt die Jugendhilfe. Für sie gibt es spezielle Ausbildungsmöglichkeiten an der Gottlieb-Daimler-Schule und an der Mildred-Scheel-Schule, wo sie z.B. im Gastrobereich ausgebildet werden auch mit Praktikas. In Deutschland sind im Moment 4.400 jugendliche Flüchtlinge registriert.

Für die Jugendlichen, die schon älter als 18 Jahre alt sind, ist es nach Einschätzung von Frau Oppermann schwierig, noch eine Schul- oder Berufsausbildung zu bekommen. Und 30% der Flüchtlinge sind zwischen 19 und 25 Jahre alt. Für diese jungen Leute müssten Ausbildungsmöglichkeiten eröffnet werden.

Marion Oker verwies auf einen massiven Mangel in den gewerblich technischen Bereichen. Es gibt Betriebe, die würden sofort Flüchtlinge aufnehmen, Problem ist allerdings die fehlende Sprachkenntnis. Hier müssten dringend die Sprachkurse verstärkt werden.

Planungssicherheit ist für das Handwerk wichtig. Die Firmen wollen den Azubi dann auch behalten, so der MIT-Kreisvorsitzende Oliver Zander.

Laut Margaretha Oppermann können Flüchtlinge durch Vorschriften manchmal sehr schwer vermittelt werden. Durch die relativ langen Bearbeitungszeiten sind dann die angebotenen Jobs anderweitig besetzt. Der Antrag auf Arbeit in den ersten 15 Monaten muss beim Ausländeramt genehmigt werden, das u.a. die Zustimmung der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung einholen muss. Dies dauert in der Regel 6 Wochen und das sei eindeutig zu lang.

Das anwesende iranische Ehepaar berichtete dann über seine Ausreise aus dem Iran und die Gründe dafür. Sie verloren ihre Arbeit, weil sie nicht ausgiebig genug in die Moschee gingen. Sie sind jetzt hier zum christlichen Glauben übergetreten und haben sich nach der Flucht schon ganz gut eingelebt und wollen auch in Deutschland bleiben, denn Christen finden im Iran keine Arbeit und werden verfolgt. Sam Sepeheri bewirbt sich als Zeitungsausträger, wartet jedoch noch auf die Arbeitserlaubnis. Maryam Rahmanpour hat im VHS Café Arbeit gefunden und kann sich dadurch einen kleinen Betrag dazu verdienen.

Alle Teilnehmer waren sich einig darüber, dass Sprachkurse intensiviert und den ankommenden Asylbewerbern ohne Wartezeit angeboten werden sollten, damit sie sich besser in Deutschland eingewöhnen können. Da sie die ersten drei Monate nicht arbeiten dürfen, müsste es möglich sein, sobald sie die deutsche Sprache etwas beherrschen, sie im Ehrenamt auf freiwilliger Basis zu beschäftigen, z.B. in Seniorenheimen, beim DRK oder anderen Blaulichtorganisationen wie THW o.ä., denn die Menschen integrieren sich erst durch die Arbeit.

Aussagen aus dem Publikum waren z.B. dass die Asylsuchenden auch über Regeln / Regularien und Landeskunde unterrichtet werden sollen. Hier gibt es immer wieder Probleme z.B. über Lärmbelästigungen der Nachbarn.

Steffen Bilger, MdB informierte über neue Regelungen zur Recherche bei unklarer oder strittiger Herkunft der Antragsteller. Unter anderem dürfen zur Klärung die Daten vom Handy ausgewertet werden.

In der Aussprache wurde mehr qualifiziertes Personal für die Entscheidung über Asylanträge gewünscht, um die Bearbeitung bis zur Entscheidung der Asylanträge und des Bleiberechtes zu beschleunigen.

Das individuelle Recht auf Asyl und eine erwünschte und benötigte Zuwanderung in unser Wirtschaftssystem sollten voneinander getrennt gesehen und nicht miteinander vermischt werden.

Elke Staubach schloss die sehr informative Veranstaltung und dankte allen Beteiligten für die interessante und sachliche Diskussion.

Regina Stähle
Pressereferentin Kreis-FU Böblingen

Fotos: Oliver Zander, Gerti Mayer-Vorfelder