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    Gesundheitsversorgung – Arzt/Ärztin dringend gesucht!

    Zum Thema „Gesundheitsversorgung – Ärztin/Arzt dringend gesucht“ hatte die Kreis-FrauenUnion (FU) Böblingen zu ihrer Mitgliederversammlung nach Leonberg-Eltingen eingeladen. Die noch amtierende Kreisvorsitzende Elke Staubach führte mit Fragen wie, wie wird die Ärzteversorgung zukünftig aussehen, wird es noch Hausärzte geben, wie kann die Versorgung gesichert werden, wie können Patienten wohnortnah betreut werden, in das Thema ein.

    Dr. Timo Hurst, Vorsitzender der Kreisärzteschaft Altkreis Leonberg, zeigte in einer ausführlichen Präsentation anschaulich auf, welche Knackpunkte vorhanden sind. Frustrierend, so nahmen es die Interessierten auf, denn das einstmals vorbildliche Gesundheitssystem wird kontinuierlich kaputt gespart, teilweise mit nicht nachzuvollziehenden Gesetzen und gefühlter unnötiger Bürokratie. Die Stunden, die der Arzt mit dieser Bürokratie verbringen muss, kommen nicht den Patienten zu Gute. Ein Arzt hat nicht studiert, um Formulare auszufüllen, sondern um Menschen bei Krankheiten und in Not zu helfen.  Fr. Dr. Mergenthaler, stv. Vorsitzende der Kreisärzteschaft und Allgemeinmedizinerin verwies zum Beispiel darauf, dass die  Früherkennungs-Untersuchungen bei Kindern auf 10 Untersuchungen angestiegen ist, dies aber bei Berechnungen der Anzahl der erforderlichen Kinderärzte in einem Landkreis keine Berücksichtigung findet. Auch die Wanderbewegungen im Grenzgebiet zu Pforzheim und dem Enkreis oder Kreis Ludwigsburg bleibt ebenfalls außen vor. Und gerade im ländlichen Bereich fehlen Ärzte verschiedener Fachrichtungen.

    Schwierig ist die ärztliche Versorgung im gesamten System, aber noch prekärer ist die Situation in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, aber dieser Mangel besteht schon sehr lange und hat sich durch Corona noch verstärkt. Hier ist Seitens des Gesundheitsministeriums keine Aktivität zur Abhilfe erkennbar. Es fehlt Nachwuchs und damit dauerhaft  der Arzt/die Ärztin.   Die selbständige Tätigkeit als Arzt wird auch zunehmend als unattraktiv wahrgenommen, denn Wochenarbeitszeiten von über 52 Stunden, kein bezahlter Urlaub, Wochenenddienst sowie  die evtl. Nichtvergütung  von 10 – 20 % der erbrachten Leistungen im GKV-System, das hält viele Mediziner davon ab, freie Praxen zu übernehmen.

    Auch die Gründe warum Mediziner die Kliniken verlassen sind vielschichtig, so der ärztliche Direktor des Leonberger Kreiskrankenhauses, Prof. Dr. Wolfgang Steurer.  Schichtdienst, Nachtdienst, Wochenend- und Feiertagsdienst, Wunsch von Teilzeitbeschäftigung, hier gibt es viele Facetten. Hinzu kommt die Diskrepanz der Bezahlung der Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen zu Direktangestellten bei den Krankenhäusern. Diese Mitarbeiter von außen erhielten und erhalten teilweise das 4-fache an Gehalt und haben einen „9 to 5“ -Job, was zu extremen Spannungen und Frust bei der Stammbelegschaft geführt hat bzw. führt.  Und medizinische Entscheidungen sind zu oft zu stark von ökonomischen Entscheidungen Dritter geprägt, zu viel  Fremdbestimmung und inhaltliche Dienstverpflichtungen. Mediziner wandern daher auch verstärkt in andere Länder ab.

    Für die im Moment sehr prekäre Situation im Gesundheitssystem gibt es auch keine Hoffnung auf schnelle Besserung der Situation in den kommenden Jahren. Ein Arzt benötigt nach 6-jährigem Studium noch 4-6 Jahre Praxis und kann dann nach ca. 12 - 15 Jahren erst in seinem Fachgebiet eingesetzt werden.

    Ärztinnen und Ärzte fehlen an vielen Stellen. Es gibt keine Nachfolger für altershalber geschlossene Praxen, zumal wenn sie nicht auf dem neuen Stand eingerichtet sind. Es braucht dringend neue Studienplätze, auch der „Numerus clausus“  wurde in Frage gestellt, denn ein 1er Abiturient ist nicht unbedingt ein guter und empathischer Arzt.

    Alles in Allem ist die Situation sehr kritisch und wird sich wohl weiter zuspitzen. Wenn dann noch, nach den Plänen des Bundes-Gesundheitsministers Lauterbach Kliniken schließen müssen oder herabgestuft werden, dann ist nicht mehr gewährleistet, daß alle Bürger sofort ärztlich versorgt werden können.  Hingewiesen haben die Referenten auch noch auf die Demonstration der Ärzteschaft am 21.Juni 2023 in Stuttgart mit über 1.000 Teilnehmern, die trotz der vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht die entsprechende Beachtung fand. Ihren Forderungskatalog kann man unter https://www.aerzteproteste.de/  nachlesen. Erstaunt waren die Anwesenden, dass die Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzten seit über 30 Jahren nicht mehr aktualisier t wurde. Das wäre vergleichbar mit Tarifverhandlungen für Arbeitnehmer, wo dann seit über 30 Jahren keine Gehaltserhöhungen mehr beschlossen worden wären, egal wie sich die Arbeit verändert hat bzw. die Inflationsrate aussieht. Dieser Hinweis rief großes Staunen hervor und schloss mit der Frage: „Was ist uns eigentlich die Gesundheit wert?“

    Im Abschluss berichtete die Kreisvorsitzende Elke Staubach noch über die vielen Aktivitäten des vergangenen Jahres. Danach trat sie nach über 17 Jahren als Kreisvorsitzende von ihrem Amt zurück und übergab den Stab an Regina Dvorak-Vucetic aus Böblingen.


    Regina Stähle
    Elke Staubach

    Bilder:
    Einführung durch Elke Staubach
    von li. nach re. die Referenten: Dr. Mergenthaler, Dr. Hurst; re.außen: Prof.Dr. Steurer

    Wechsel beim FU-Kreisvorsitz:
    CDU-Kreisvorsitzender Dr.Matthias Miller MdL, Elke Staubach, Regina Dvorak-Vucetic (neue Vors.), Marc Biadacz MdB, JU-Kreisvorsitzender Leon Kolb

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